BaZ Pensionierte helfen Unternehmern

Pensionierte helfen Unternehmern

BaZ 6. März 2020: Theo Krummenacher und Raymond Portenier haben im Beruf viel Erfahrung mit Unternehmensführung gemacht. Jetzt, im Pensionsalter, geben sie ihre Kenntnisse im Senioren-Netzwerk Adlatus weiter. Alex Reichmuth

«Ich engagiere mich gerne.» Das sagt Theo Krummenacher aus Aesch. Der gelernte Biologe hat die letzten zwanzig Jahre seines Berufslebens in Managementpositionen einer pharmazeutischen Firma gearbeitet. Mit 61 Jahren ging er in Frühpension. Heute, mit 74, ist er noch immer aktiv. Krummenacher macht mit bei Adlatus, einem Netzwerk ehemaliger Firmenbesitzer, Manager und Fachexperten zur Beratung von KMU, Organisationen und Einzelpersonen. «Wir machen Unternehmensberatung, aber das Ziel ist nicht, Profit zu erzielen, sondern unsere Mandanten zum Erfolg zu bringen.»

Wie gründet man eine Firma? Wie führt man eine professionelle Buchhaltung? Welche Lösungen gibt es für finanzielle Probleme? Und wie regelt man die Nachfolge? Um solche Fragen drehen sich die Beratungen von Theo Krummenacher. Um bei Adlatus mitmachen zu können, seien zwei Bedingungen nötig: «Man muss pensioniert sein, und man darf nicht auf die Einkünfte bei Adlatus angewiesen sein.»

Die Mandate, die Krummenacher im Rahmen von Adlatus übernimmt, sind vielfältig. So wurde beispielsweise einer Schreinerei geholfen, die familieninterne Nachfolge zu regeln. «Es ging dabei auch darum, wie das Unternehmen finanziell abgesichert werden kann und wo sein künftiger Standort sein soll.» Nach anderthalb Jahren der Zusammenarbeit habe man die Lösungen gehabt. «Ohne einen externen Moderator von Adlatus wäre das schwierig gewesen», sagt Krummenacher.

Situation korrigiert

Bei einem anderen Mandat ging es um eine Ingenieurfirma mit 70 Mitarbeitern. «Das Unternehmen litt darunter, dass die Aufträge nie pünktlich erledigt wurden. Die anfängliche Erwartung war, dass ich den Angestellten sage, wo es langgeht», so Krummenacher. In Gesprächen habe sich dann aber gezeigt, dass die Probleme bei mangelhafter Organisation, ungenügender Führung und fehlendem Controlling lagen. «Gemeinsam konnten wir die Situation korrigieren.»

In einem weiteren Fall betreute Theo Krummenacher eine Frau, die sich mit Beratungs­angeboten für Expats selbstständig machen wollte. «Sie hatte vor, ihnen den Weg durch den Alltag in der Schweiz zu erleichtern und ihnen zu zeigen, wo man etwa ein Autonummern­schild bekommt oder wie die Kitas funktionieren.» Zusammen habe man ein Leitbild und einen Businessplan erarbeitet. «Die Frau startete dann erfolgreich. Dieses Mandat war auch für mich Neuland», erzählt Krummenacher.

Treuhänder, Wirtschaftsprüfer, Ökonomen, Marketingexperten, Verkaufsspezialisten – bei Adlatus machen Pensionierte mit unterschiedlichem Hintergrund mit. Wer die Dienste des Netzwerks beansprucht, zahlt 100 bis 120 Franken pro Stunde. Das entspricht etwa einem Drittel bis hin zur Hälfte eines marktüblichen Honorars. Das Wohlergehen und Gedeihen von Unternehmen solle im Zentrum der Beratungen stehen, sagt Krummenacher. «Wir sind aber keine soziale Institution. Vielmehr sehen wir uns als Teil der Wirtschaft.»

Bei der Nordwestschweizer Sektion von Adlatus sind rund 30 Personen dabei. Nur etwa ein Dutzend davon ist aber wirklich aktiv. Zu ihnen gehört auch Raymond Portenier aus Basel. Auf etwa zwei Tage pro Woche schätzt er seinen zeitlichen Einsatz für Adlatus.

Fettnäpfe vermeiden

Er sei in seiner Berufszeit viel im Ausland unterwegs gewesen, vor allem in Asien, erzählt der 71-Jährige. Dabei sei ihm aufgefallen, dass Wirtschaftsführer und Unternehmer im Ausland viel vernetzter seien als in der Schweiz, und man sich gegenseitig mehr helfe. «In der Schweiz dagegen herrscht die Mentalität vor, dass jeder selber seine Fehler machen soll», sagt Portenier.

Dieser Mentalität entgegenzutreten, sei der Grund für sein Engagement bei Adlatus. «So kann ich verhindern, dass Schweizer Jungunternehmer in Fettnäpfe treten, in die andere schon getreten sind.»

Bei den Adlatus-Mandaten von Raymond Portenier geht es wegen seiner Erfahrung oft um internationale Aspekte. So half er mit, für eine Ostschweizer Firma eine Niederlassung in der Türkei zu gründen. «Das Unternehmen hatte noch nie eine Firma im Ausland eröffnet, darum war der Schritt in die Türkei erst recht eine grosse Herausforderung.»

In einem anderen Fall berät Portenier zwei arabische Studenten, die in der Schweiz ein IT-Unternehmen gründen wollten. «Es sind zwei junge Männer, die 2014 noch ohne Deutsch­kenntnisse hierher gekommen sind.» Sie hätten Ideen und wüssten klar, wohin sie wollten. «Ich half ihnen bei der Firmengründung und all den unternehmerischen Fragen drumherum.» Seit letztem Juni laufe die Firma.

Es erfülle ihn mit Genugtuung, wenn die von ihm begleiteten Unternehmen Erfolg hätten, sagt Raymond Portenier. «Zu sehen, dass man gemeinsam etwas auf die Schiene stellen kann, und der Zug dann fährt, ist immer ein Aufsteller.»

Naturgemäss verlaufen nicht alle Beratungen im Rahmen von Adlatus erfolgreich. «Manchmal zeigt sich auch, dass die Vorstellungen eines Neuunternehmers viel zu vage sind», sagt Theo Krummenacher. So habe er einmal eine Frau beraten, die selbst entwickelte Notizblöcke vertreiben wollte. «Sie hatte unrealistische Erwartungen und war nicht in der Lage, einen Businessplan auszuarbeiten», erklärt er. Die Beratung sei ohne Ergebnis zu Ende gegangen.

Hammer in den Händen

Pensionierte, die bei Adlatus mitmachen wollen, müssen entsprechende Erfahrung in der Wirtschaftswelt mitbringen. In Gesprächen wird abgeklärt, ob ihre Fähigkeiten im Netzwerk gefragt sind. Vor allem Praxiserfahrung sei wichtig, betont Raymond Portenier. «Man muss den Hammer schon mal in den Händen gehabt haben.»